Flucht an der Eckertalsperre im Harz
Eine Fluchtgeschichte aus dem Frühjahr 1967Am 21.05.1967 begab ich mich mit 2 Freunden in der Absicht, die DDR zu verlassen, nach Wernigerode.Von dort aus wollten wir versuchen, die BRD zu erreichen. Wir hatten erfahren, dass die Grenze in der Nähe des Brockens löchrich ist. Unser Weg begann in Hasserode. Von dort aus begaben wir uns über die Steinerne Rinne zum Brockengipfel, den wir am frühen Abend erreichten. Der Gipfel war 1967 noch nicht von einer Mauer umgeben. Wir hielten uns ca. 30 Minuten ungesehen auf diesem auf.
Es ist uns bis heute unerklärlich, dass wir weder auf der Strasse zum Brocken (die wir zwangsläufig öfter betreten mussten) noch auf den Gipfel selbst unentdeckt blieben. Vom Brocken sahen wir den Grenzverlauf am Fusse des Wurmbergs. Wir waren geschockt. Wie nur sollten wir diese überwinden? Dort auf jeden Fall nicht, da die Grenze zu übersichtlich war und viele Beobachtungstürme zu sehen waren. Also orientierten wir uns in Richtung Torfhaus, das wir an Hand der Sendemasten ausmachten. Auch sahen wir die B4 und glaubten dort besser aufgehoben zu sein. Wir begaben uns in diese Richtung. Der Wald wurde bald wieder dichter und gab uns Schutz davor, entdeckt zu werden. Wir erreichten bald den ersten Zaun, den Signalzaun. Dieser war durch abfliessendes Schmelzwasser des Brockens unterspült, so dass wir ihn an dieser Stelle unterkriechen konnten.
Nach weiteren 800m standen wir dann plötzlich am eigentlichen Grenzzaun, der sich unmittelbar am Ufer eines grossen Sees befand. Später erfuhren wir, dass es der Eckerstausee war. Wir waren noch im Schutze des Waldes, hatten noch ca. 5m bis zum Grenzzaun vor uns und sahen etwa 20m linkerhand einen Postenturm. Ohne gross zu überlegen rannten wir los und konnten den Zaun unbemerkt überwinden. Jetzt standen wir am Ufer des Stausees und mussten entsetzt feststellen, dass die Freiheit erst am anderen Ufer, das 500m enfernt war, erreicht werden konnte. Dies konnten wir anhand der dort aufgestellten Schilder ausmachen. Grenzverlauf also Seemitte, was wir nicht wissen konnten. Auch hörten wir jetzt Stimmen und Hundegebell. So schnell wir konnten, liefen wir jetzt am Grenzaun entlang in südlicher Richtung zum Ende des Sees. Uns war klar, dass wir uns noch auf dem Gebiet der DDR befanden. Erst am Ende des Sees, wo dieser in die Ecker mündete, übersprangen wir dort den Bach. Die dort aufgestellten Schilder (Halt Zonengrenze, Bachmitte Grenze) machten uns klar: Wir haben es geschafft! Aber noch war vom BGS nichts zu sehen. Erst nach längeren Umherirren am Westufer des Stausees wurden wir von einer Streife aufgenommen.
Bericht vom Januar 2007, Verfasser möchte unbenannt bleiben.